Vorgeschichte zur Synagoge
Die Vorgeschichte zur ehemaligen Synagoge in Steinsfurt ist nur teilweise bekannt. Einige Informationen haben wir jedoch zusammengetragen können.
Situation am Anfang
Ein Bericht aus dem Jahr 1803 lässt darauf schließen, dass die Juden Steinsfurts längere Zeit über keinen Versammlungsort zur Abhaltung des Gottesdienstes verfügten.
Überblick über die Situation vor 1861
Ein Bericht aus dem Jahr 1803 lässt darauf schließen, dass die Juden Steinsfurts längere Zeit über keinen Versammlungsort zur Abhaltung des Gottesdienstes verfügten. Erwähnt sind in diesem Bericht vier ortsansässige jüdische Familien, "…welche nach Rohrbach in die Schule (=Synagoge) gehen, weil hier keine Synagoge ist".
Vermutlich war die jüdische Gemeinde Steinsfurts lange Zeit zu klein, um einen geregelten Gottesdienst abhalten zu können, weil dafür laut jüdischem Religionsgesetz die Anwesenheit von mindestens zehn Männern erforderlich ist.
1823 heißt es, dass die jüdische Gemeinde in Steinsfurt ein unterirdisches Badehaus hat, was mit den damaligen Hygienevorstellungen nicht mehr vereinbar war.
Der Vorgängerbau
Die erste Synagoge in der Ehrstädter Straße
Noch vor 1826 wurde im Obergeschoss eines Nebengebäudes eine Synagoge eingerichtet:
Am 15. März 1826 verkauften Löw Feis Weil (1751 - 1826) und seine Frau Edel (Adelheid) geb Hirsch (1762 - 1845) für 44 Gulden die „Stallung unter der Synagoge am Klebersberg” an ihren Sohn Samuel Löw Weil (1796 - 1865). Die Verkäufer behielten jedoch das Obergeschoss mit der Synagoge und sollten deren Unterhaltungskosten bestreiten. ◊. Das Haus Nr. 35 stand ziemlich am Anfang der heutigen Lerchenneststraße (früher Ehrstädter Straße).
Während das untere Geschoss aus Stein war, war der obere Stock, der als Synagoge genutzt wurde, ein Holzbau .
Dieses Nebengebäude stand noch 1920. Das Anwesen gehörte später bis zu ihrem Tod Klara Weil geb Kern (1870 - Nov 1938). Ihr Sohn Josef Weil, verkaufte es 1939, wenige Tage, bevor er selbst auswanderte.
Alle damals noch stehenden Gebäude sind inzwischen abgerissen. An ihrer Stelle steht heute der Bau der Sparkasse.
Bild aus dem Jahr 1923 von der Gegend, wo der Vorgängerbau zur heutigen Synagoge im Hinterhof stand.
Auf der Straße sieht man die Familie Weil/Hofmann.
(Leider haben wir bisher kein Bild von dieser Synagoge selbst)
Quellen:
Stadtarchiv Sinsheim, Bestand „Steinfurt”, A 999, B 16, 232 - 238
Grundbuchamt Sinsheim: Lagerbücher
Das Bild stammt aus der Sammlung von H.Appenzeller. Er hat freundlicherweise die Verwendung gestattet.
Das Grundstück
Das Grundstück für die Synagoge
Die jüdische Gemeinde kaufte das Grundstück, auf dem die ehemalige Synagoge steht, im Jahr 1858 in einer Versteigerung von den Erben der Wittwe des Pfarrers Wilckens.
Diese hatte es in einer (Zwangs-)Versteigerung von dem Hafner (Töpfer) Christian Siffrath gekauft. Dieser war anscheinend bankrott. Er wanderte mit seiner Familie einige Jahre später nach Amerika aus.
Auf dem Gelände stand zunächst noch ein Hafnerofen. Dort wurde 1861 das Badehaus der Gemeinde eingerichtet.
Zur Zeit des Baus der Synagoge war das Grundstück als „der Garten der israelitischen Gemeinde” bekannt.
Quellen:
Stadtarchiv Sinsheim, Steinsfurt, Lagerbuch, Gewährbücher, FeuerversicherungsbücherDas „Badehaus”
Das Badehaus in Steinsfurt
Die Juden von Steinsfurt hatten schon früher ein "Badhaus".
Dies ist ja nicht (nur) für die körperliche Reinigung gedacht. Eine gesetzestreue jüdische Frau muss sich z.B. nach der Menstruation oder nach der Geburt eines Kindes vollständig in „reinem” Wasser untertauchen, um selbst wieder „rein” zu sein. Neues Geschirr sollte vor dem ersten Gebrauch in „reinem” Wasser gewaschen werden. Das kann in einem Fluss geschehen, der bestimmte Bedingungen erfüllt, normalerweise geschieht es aber in einem Tauchbecken (einer Mikwe). Das Wasser muss hier entweder direkt von einer Quelle stammen oder es muss Regenwasser gesammelt werden.
Im November 1822 wird in einem Bericht unter dem Überschrift „Das nach religiösen Gesetzen gebothene Baden der Judenfrauen betreffend” festgestellt:
Dahier in Steinsfurth befinden sich 2 solcher Bäder; das eine bey Samuel Löw Weil das andere bey Moises Feis Weil, welche von sämtlichen Judenfrauen dahier gebraucht werden.
Allerdings ist zumindest das erste davon insofern mangelhaft, als ein Brunnen in der Nähe ist, der durch das abfließende Wasser des Bades beeinträchtigt wird ◊ .
Der „Synagogenrath zu Steinsfurth” beschloss 1852 „Statuten der isr. Gemeinde Steinsfurth behufs der Errichtung eines Frauenbades und Schullokales”.
Im Steinsfurter Feuerversicherungbuch liest man dann, dass die jüdische Gemeinde 1861 auf ihrem Grundstück für den Hafnerbrennofen, der dort stand, eine Mikwe errichtete. Aus dem Text „Einrichtung zu einem Badehaus” wird nicht ganz klar, ob das Gebäude abgerissen wurde oder ob es dazu verwendet wurde. Später wird das Gebäude immer wieder als „Badhaus, einstöckig” beschrieben.
Nach den vorhandenen Plänen lag das damalige Badehaus so, dass es in den heutigen Bau hineingeragt hätte. Man muss also annehmen, dass es zumindest teilweise verändert oder abgerissen wurde, als die Synagoge gebaut wurde. Umgekehrt erklärt das auch, warum im Chor das „Nordfenster” anscheinend von Anfang an zugemauert war.
In allen späteren Dokumenten taucht das „Badhaus” auf und selbst in der Grundbucheintragung von 1939 zum Kaufvertrag heißt es noch, dass der „Synagogenplatz mit Synagoge und Badhaus im Ortssetter an der Adersbacherstraße” verkauft wird ◊ .
Daher hat das Gebäude wohl mindestens bis zum Verkauf im Jahr 1938 noch gestanden.
In einer Eintragung aus dem Jahr 1939 an dieser Stelle von einer „Holzremise” geredet ◊ . Möglicherweise hat der neue Besitzer das Gebäude zu neuer Nutzung umgebaut.
Quellen:
Stadtarchiv Sinsheim, Bestand „Steinsfurt”
Vermessungsamt Sinsheim, Atlas für Steinsfurt (1864 - 1876, mit späteren Ergänzungsblättern
Grundbuchamt Sinsheim, Dokumente zum Grundstück
Generallandesarchiv Karlsruhe, A 377