Hermann Weil (1868 - 1927)
Hermann Weil wurde am 18. September 1868 in Steinsfurt als zehntes von dreizehn Kindern geboren. Schon sein Vater und Großvater waren dort im Getreidehandel tätig. In dieser Tradition durchlief Hermann Weil nach Besuch der Sinsheimer Höheren Bürgerschule eine kaufmännische Ausbildung in der Getreidehandelsfirma Isidor Weismann & Co. in Mannheim.
Im Alter von 20 Jahren wechselte er zur in Antwerpen ansässigen Firma Mosco Z. Danon. Für dieses ebenfalls im Getreidehandel tätige Unternehmen eröffnete er in Buenos Aires eine Filiale, an welcher er zu 20 % beteiligt war. Der Fehlschlag eines riskanten Spekulationsgeschäfts führte zum Ende dieses Unternehmens. Hermann Weil blieb in Argentinien und gründete im Jahr 1898 unter dem Namen Weil Hermanos & Cia eine eigene Getreidefirma. Teilhaber waren zu je 20 % seine ebenfalls nach Argentinien übersiedelten Brüder Samuel (1867-1922) und Ferdinand (1861-1919) sowie zu 10 % ein Jugendfreund. Er selbst besaß 50 % der Firma, die bald nach ihrer Gründung für einige Jahre den weltweiten Getreidehandel beherrschte und gewaltige Gewinne erzielte.
Nach Umwandlung der Firma wurde in eine Aktiengesellschaft kehrten Hermann und Ferdinand Weil im Jahr 1907 nach Deutschland zurück und ließen sich in Frankfurt am Main nieder. Die Gründe für Hermann Weils Rückkehr waren gesundheitlicher Art. Er war schwer erkrankt und hoffte in Frankfurt auf eine erfolgreiche Behandlung. Die Geschäfte in Argentinien führte Samuel Weil erfolgreich weiter.
In Deutschland entfaltete Hermann Weil eine rege Tätigkeit als Berater - bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges für das Kieler Institut für Weltwirtschaft und anschließend für den Admiralsstab. Auf Grund seiner weitreichenden internationalen Beziehungen und daraus resultierenden Informationen wurde er in den Jahren 1917 und 1918 Berichterstatter für Kaiser Wilhelm II.
Nach dem Krieg betätigte sich Hermann Weil in starkem Umfang als Mäzen und unterstützte mit sehr hohem finanziellen Aufwand zahlreiche wohltätige Zwecke und soziale Einrichtungen. Für sein soziales Engagement wurde er in Frankfurt hoch geehrt und von der dortigen Universität mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.
Die Verbindung Hermann Weils zum Kraichgau und zu Steinsfurt riss niemals ab. Nach seiner Rückkehr aus Argentinien besuchte er wiederholt seinen Geburtsort, wo er die 1925 fertig gestellt Koch- und Fortbildungsschule stiftete.
In Waibstadt ließ er das Mausoleum errichten, das heute zu den eindrucksvollsten Kulturdenkmälern des Kraichgaus zählt. Das direkt neben dem jüdischen Friedhof befindliche Bauwerk sollte als letzte Ruhestätte seiner Urne dienen. Bei der Einweihung des Gebäudes am 5. September 1927 betonte der Bürgermeister der Stadt Waibstadt, Karl Spiegel, den bedeutenden wirtschaftlichen Effekt des kostspieligen Baus, welcher "… in der schweren Zeit wirtschaftlicher Depression Hunderten von Menschen Gelegenheit zu künstlerischer Betätigung, zu Arbeit und Broterwerb gegeben …" habe.
Hermann Weil starb am 3. Oktober 1927. Im Mausoleum wurden seine eigene Urne und die Urne seiner 1913 verstorbenen Frau beigesetzt. Als am 10. November 1938 das Mausoleum geschändet wurde, verschwanden auch bis zum heutigen Tag die Urnen.
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