125 Jahre neue Synagoge in Steinsfurt
Am 13. und 14. Juli 1894 fand die feierliche Einweihung der neuen Synagoge in Steinsfurt statt.
Wir erinnerten uns zum 125. Jahrestag daran:
Einladung zu den Veranstaltungen
Plakat zum Jubiläum
'Begegnung': Event am Samstag-Abend
Begegnung
Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Synagoge haben wir am Samstag, 13. Juli 2019, um 19 Uhr 30 in die Synagoge eingeladen.
Bernhard Lorenz (Gitarre und Gesang) & Corinna Lorenz (Gesang und Sprache) aus Neckarbischofsheim gestalteten einen Abend unter dem Titel „Begegnung” mit Liedern und Erzählungen.
Während die Texte ("moderne Märchen" von Corinna Lorenz eher aus dem lokalen Umfeld kamen und oft in ihrem heimischen Odenwälder Dialekt vorgetragen wurden, spielte und sang Bernhard Lorenz Lieder aus dem jüdischen Kulturkreis meist in jiddischer Sprache.
Durch die gleichzeitig eingesetzte Lichttechnik entstand ein zauberhafter Abend, der das Publikum begeisterte.
Die Synagoge war praktisch bis auf den letzten Platz gefüllt und es gab viel Beifall, bis das Publikum bei der letzten Zugabe auch mitsang.
Eindrücke vom Abend
Eindrücke vom Abend
Lieder aus der Jiddischen Tradition bildeten einen Schwerpunkt des Abends.
Das Lied "Zog nit keynmol" von Hirsch Glick (1922 - 1944) nach einer Melodie von Dmitri Jakowlewitsch Pokrass (1899 - 1978)
Der "Arbeitslosemarsch" von Mordechaj Gebirtig , der 1942 von den Nazis erschossen wurde:
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Feier am Sonntag
Feier am Sonntag
Am Sonntag, den 14. Juli haben wir nachmittags zu einer Feierstunde in die Synagoge eingeladen.
Wir hatten den für unsere Synagoge zuständigen Rabbiner Janos Pawelczyk-Kissin aus Heidelberg gebeten, uns eine Rede zu halten – so wie bei der Einweihungsfeier der Synagoge der damalige Rabbiner Dr. Hillel Sontheimer die Festrede hielt. Obwohl die Rede bestimmt wesentlich kürzer war, als die seines Vorgängers, waren die Zuhörer begeistert und spendeten reichlich Beifall.
Oberbürgermeister Albrecht, der örtliche katholische Pfarrer und andere Gäste sprachen Grußworte.
Besonders haben wir uns über Nachfahren von ehemaligen Steinsfurter Juden gefreut, die aus drei Kontinenten als Gäste gekommen waren.
Ein Beispiel für das frühere Leben in der Synagoge war eine Aufnahme des Kiddusch.
Kantor in der Aufnahme war Kurt Wimer. Er wurde als Kurt Wimpfheimer in Ittlingen geboren und ging 3 Jahre lang zur Oberrealschule Sinsheim, wo er 1934 Abitur machte. Während dieser Zeit war er immer am Freitagabend zum Sabbat-Gebet in der Steinsfurter Synagoge. Er und sein Bruder befolgten das Sabbatgebot so, dass er nicht mit dem Zug fuhr. Damit er nicht den ganzen Weg zu Fuß gehen musste, übernachtete er nämlich immer bei seiner Tante, Mina Kahn, in Steinsfurt und ging dann am Samstag morgens von Steinsfurt aus zur Schule. Rabbi Jona war begeistert, dass der „lokale Dialekt” des Hebräischen in der Aufnahme deutlich zu hören war.
Besonders haben wir uns über Nachfahren von ehemaligen Steinsfurter Juden gefreut, die aus drei Kontinenten als Gäste gekommen waren. Susan Braverman schenkte uns u.a. das Gebetbuch, das ihr Großvater, Max Kahn, lange Jahre in der Synagoge verwendet hat. Es bildete einen Teil der kleinen Ausstellung, die wir zeigen konnten.
Presse-Vorschau
Presse-Vorschau
In der lokalen Rhein-Neckar Zeitung wurde bereits vorher auf das Jubiläum und auf die Veranstaltungen hingewiesen.
(RNZ, 2019-07-11, S. 3)
Presse-Nachschau
Die Einweihung 1894
Die Einweihung der Synagoge im Juli 1894
Die offizielle Einweihung der Synagoge fand am 13. Juli 1894 statt. Die Thorarollen wurden im Rahmen eines Festzugs vom alten Betsaal zur neuen Synagoge überführt.
Über das zweitägige Einweihungsfest berichtete nicht nur die örtliche Zeitung „Der Landbote” (♦), sondern auch die in Frankfurt/M erscheinende Zeitung „Der Israelit” (♦) :
"Die … jüdische Gemeinde … feierte am letzten Freitag die Einweihung ihrer neu erbauten Synagoge. Die Festlichkeit verlief in allen Theilen würdig und erhebend. Mit Recht konnte Herr Rabbiner Dr. Sondheimer aus Heidelberg in seiner Festpredigt hervorheben, wie alle Bewohner Steinsfurths ohne Unterschied des Glaubens in seltener Einmütigkeit durch Beflaggen der Häuser und Betheiligung an der Feier wetteiferten. Sowohl der katholische als auch der evangelische Geistliche des Dorfes waren unter den Ehrengästen."
Diese Passage belegt nicht nur die feierliche Atmosphäre der Einweihung, sondern ist ein deutlicher Hinweis auf ein einvernehmliches Zusammenleben von Christen und Juden. Die rege Teilnahme von Einwohnern aller Konfessionen einschließlich der Geistlichen zeigt, dass Juden längst zu akzeptierten und ins Dorfleben integrierten Mitbewohnern geworden waren.